Dr. Klaus Damert, Molmerswende

 

Werbung mit G. A. Bürgers Lenore

 

Dass die 1773 entstandene Lenore in Deutschland in allen Bevölkerungsschichten extrem populär war, ist durch viele Zeugnisse und die Literaturgeschichte hinreichend belegt. Damit ist die wichtigste Voraussetzung dafür, in der Werbung verwendet zu werden, gegeben. Ob das Gedicht aber tatsächlich dort eingesetzt wurde, ist bisher nicht untersucht worden. Diese Lücke in der Rezeptionsforschung kann durch Auswertung der bereits digitalisierten Tageszeitungen, in denen traditionell Werbung zu finden ist, hier geschlossen werden. Tatsächlich findet sich Werbung unter Nutzung des allseits bekannten Werkes zwischen 1876 und 1928 für verschiedenste Produkte:

 

Garderobe 1876 - 1892

 

                                 -  Wanzenpulver 1888

Schuhe 1888

 

                                 -  Bügeleisen 1895

 

Schuhcreme 1899 - 1908

 

                                 -  Tee 1906 1907

 

Gaststätte 1908

 

                                 -  Seife 1909

 

Gasherd 1925

 

                                 -  Hühneraugenpflaster 1928

 

 

Garderobe

 

Den grössten Raum nimmt die Werbung für Garderobe ein, hier sind Firmen aus Dresden, Berlin und Hamburg betroffen.

 Unter der Rubrik "Literarisches" wird unkommentiert im Sauerländischen Anzeiger vom 28.12.1876 "Wieder eine Muster-Reclame" abgedruckt, die beginnt mit
 

    1. Lenore fuhr ums Morgenroth
     Empor aus ihren Träumen:
     Wo ist mein Hut mein Paletot?
     Nicht länger darf ich säumen:
     Das Weihnachtsfest es rückt heran,
     Ich muß doch dem Geliebten dann
     Ein Angebinde reichen,
     Als meiner Liebe Zeichen!
    2. Sie nahm die „Vossische“ zur Hand,
     Fing eilig an zu blättern;
     Da, auf der dritten Seite stand
     Mit großen schwarzen Lettern:
     Zum Weihnachts=Ausverkaufe stehn
     Jetzt in der goldenen Hundertzehn
     Zu fest taxirten Preisen
     Aus Stoffen wie von Eisen:
       6000 Schlafröcke usw. 

    Die „Vossische“, der offensichtlich dieser Text entnommen wurde, steht nicht zur Verfügung; aber die „goldene Hundertzehn“ ist in Berlin ansässig und wird noch eine wichtige Rolle spielen. Doch es führt eine Spur nach Dresden. In den Dresdner Nachrichten vom 10.12.1876 findet sich ein offensichtliches Plagiat dieser Werbung:   

    Lenore!

    Lenore fuhr ums Morgenroth
    Empor aus düstern Träumen:
    Wo ist mein Hut und Paletot?
    Nicht länger darf ich säumen!
    Das Weihnachtsfest, es rückt heran.
    Ich muß doch dem Geliebten dann
    Ein Angebinde reichen,
    Als meiner Liebe Zeichen!

    Sie nahm die Nachrichten zur Hand,
    Fing eilig an zu blättern;
    Da, auf der sechsten Seite stand,
    Mit großen schwarzen Lettern:
    Zum Weihnachts=Ausverkaufe stehn,
    Wie es bis jetzt noch nie geschehn,
    Zu so spottbilligen Preisen,
    Aus Stoffen wie von Eisen.

    Winter-Paletots in vollendeter Pracht [...] in L. Rudolph's Deutschem Herren=Garderoben=Bazar, Badergasse 31, in 1000facher Auswahl und entzückender Pracht.

    Die Gestaltung dieser Anzeigen ist immer ähnlich, z. B. von 1881.
     

Die „goldene Hundertzehn“ in Berlin veröffentlichte zwecks Werbung regelmäßig kleine Geschichten, die sich auch mit der Zeitgeschichte beschäftigten: Moltkes Tod, Kaisers Geburtstag u.s.w. Diese wurden sogar gesammelt und gedruckt. Bezüglich Lenore erschienen folgende Werbetexte:

 

In der Norddeutschen allgemeine Zeitung vom 19.12.1878:

    Lenorens Glück!

      Lenore fuhr um's Morgenroth
     Empor aus düstern Träumen,
     Aß schnell ein weißes Dreierbrot
     Und lief dann ohne Säumen
     Durch das belagerte Berlin,
     Stand still vor jedem Magazin,
     Bis sie 'ne Weihnachtsgabe
     Für ihren Wilhelm habe!

       Doch was sie sah, gefiel ihr nur
     In sehr geringem Maße;
     Da - Abends 5 3/4 Uhr -
     Kam sie zur Leipzigerstraße,
     Und vor der goldnen Hundertzehn
     Sah man sie ganz bezaubert stehn,
     Sie hat nach bangen Stunden
     Im Ausverkauf gefunden [...]
     
    Erstes Deutsches Vereins-Magazin
    Leipzigerstr. 110

Im Berliner Tagblatt von 1879 ist Lenore gleich zweimal vertreten. Am 19.10. geht es um

 

    Treue Liebe!

      Lenore fuhr um's Morgenroth
      Empor aus ihrem Bette,
      Ihr Wilhelm war in großer Noth,
      Ihm fehlte ein Jaquette; .......
      Drum hatte sie die ganze Nacht
      Im Bette hin und her gedacht,
      Wie sie ihm wohl am Morgen
      Gleich könnte eins besorgen!
       Sie lief zu dem geliebten Mann
      Mit einem Meter=Maße,
      Maß die Figur und eilte dann
      Flugs nach der Leipziger Straße;
      Direct zur goldnen Hunderzehn
      Lenkt sie den Schritt, hier sah sie stehn
      Zum Ausverkaufe - fest taxiret,
      Was hier nachfolgend notiret:
       5000 Winter=Paletots […]

     

Am 21.9.1879 dagegen

 

    In aller Eile!


      Graus war die Nacht und um den Giebel
      Der Miethskaserne heult der Sturm,
      Da zog Georg sich an die Stiebel
      Und sieben schlug's vom Spittel-Thurm!
      Ach, rief Lenore mit Erbleichen,
      Schon sieben, und Du willst noch weg?
      Georg, bleib' hier, laß Dich erweichen,
      Mir ahnt, Du hast noch heute Pech!
      Nein, rief er, ich muß eilig laufen,
      Um mir was Warmes zu erstehn,
      Es könnt' leicht Alles ausverkaufen
      Noch heut die gold'ne Hundertzehn:
      5000 Herbst- und Winter-Paletots […]

 

 

Treue Liebe in Emscher Zeitung, 17.12.1879


    Leonore fuhr um's Morgenroth
    Empor aus ihrem Bette,
    Ihr Wilhelm war in großer Noth,
    Ihm fehlte ein Jaquette;
    Drum hatte sie die ganze Nacht
    Im Bette hin und her gedacht,
    Wie sie ihm wohl am Morgen
    Gleich könnte eins besorge!

    Sie lief zu den geliebten Mann
    Mit einem Meter-Maße,
    Maß die Figur und eilte dann
    Flugs nach der Neumarktstraße,
    Direct zu Rosenbaum u. Sohn,
    Lenkt sie den Schritt, hier sah sie schon
    Zum Ausverkaufe - fest taxiret,
    Was hier nachfolgend steht notiret.

rosenbaum_Emscher Zeitung_17_12_1879


 

Ohne Quellenangabe in Wattenscheider Zeitung, 31.12.1880

Der erste Gang!


     Lenore fuhr um's Morgenroth
    Geschwind in ihre Hose,
    Verbrauchte schnell ein halbes Loth
    Aus ihrer Puderdose;
    Hing Hut und Mantel dann sich um,
    Lief mitten unter's Publikum,
    Besah auf beiden Seiten
    Die Weihnachts-Neuigkeiten!

      Sie lief die Straßen auf und ab,
    Damit sie etwas finde,
    Was sie dem lieben Wilhelm gab
    Als Weihnachts-Angebinde.
    Da, vor der gold'nen Hundertzehn
    Blieb sie bezaubert stille stehn -
    Hier sah sie fein, gediegen,
    Im Ausverkaufe liegen:

    Ueber 8000 Winter-Paletots und Kaisermäntel usw.

 

 

Im Berliner Tageblatt vom 22.5.1881 gibt es:

    hinfall1881
      Der Hinfall!

       Lenore fuhr des Morgens früh
      Geschwind aus ihrem Bette
      Und machte zu 'ner Landparthie
      Die Sonntags-Toilette.
      Es war ja gestern ausgemacht,
      Ihr Wilhelm wollte sie um acht
      Zum ländlichen Poussiren
      Nach Hundekehle führen!

       Da öffnet sich die Stubenthür,
      Und lang fiel auf den Rücken
      Lenore, denn sie glaubte schier
      Ein Wunder zu erblicken!
      Doch Wilhelm war's, den sie gesehn,
      Der in der goldnen Hundertzehn
      Zu wahrem Schleuderpreise
      Gekauft zur Liebesreise: […]

 

Gibt es in Berlin die "goldene Hundertzehn" in der Leipzigerstraße, ist es in Hamburg die "Goldne Neune" im Graskeller, Ecke Rödingsmarkt:

 

Die Altonaer Nachrichten vom 12.12.1890 bringen das

 

    Traumbild

     Lenore fuhr um's Morgenroth
     Empor aus bangen Träumen!
     Ihr Wilhelm war erschienen ihr,
     Und das muß ein man räumen! -
     So nobel, wie sie nie ihn sah!
     Sie seufzte: "Wilhelm, lieber!
     Ach, über Dich geht, das ist wahr,
     Noch nicht 'mal Rothschild drüber!" -
     Der Wilhelm lacht als Traumgebild
     Und sagte "Süße Kleine!
     Die ganze Kleiderpracht gab mir
     Spottbillig "Goldne Neune!"

Im Hamburger Anzeiger vom 15.1.1892 ist es

 

    Der reuige Wilhelm!

      Der Wilhelm fuhr um's Morgenroth,
      Empor aus seinen Kissen!
      Er hat im Traum vor Angst geschwitzt
      Und vor Gewissensbissen!
      Erschienen war ihm die Marie
      Und rief: "Du läßt mich sitzen?
      Ich stürze in die Alster mich!
      Mir kann nichts weiter nützen!" - -
      "Die kriegt das fertig", brummte er,
      "Ich mach mich auf die Beine
      Und kaufe reuig Hochzeits-Staat
      In bill'ger "Goldner Neune!" -"
     

 

Wanzenpulver

 

Eine wohl satirisch gemeinte Reklame bringt Der Floh vom 25. 11.1888 unter dem Titel

    Dann das Eingesendet eines Drogisten:

      "Lenore fuhr um's Morgenroth
      Empor aus wüsten Träumen.
      Zu kaufen echten W a n z e n t o d
      Soll man bei mir nicht säumen."

 

 

Schuhe

 

Die folgende Parodie beschäftigte auch die Justiz. Über den Prozess berichtet detailliert A. Hartleben's Gerichts-Bibliothek [1888] unter dem Titel "Maschinen- und Handarbeit. (Der Proceß der Mödlinger Schuhwarenfabrik gegen den Gemeinderath Carl Hamburger.)" auf den Seiten 433 – 480. Die Schuhfabrik konnte sich am Ende bestätigt fühlen. Die Parodie selbst findet sich in der Neuen Freien Presse vom 5.4.1888 unter der Überschrift

    Der Sachverständigen-Bericht.

      Ein Schuster fuhr um's Morgenroth empor aus schweren Träumen,
      Die Schuhfabrik, die macht uns Noth, da gilt kein langes Säumen,
      O Mödlinger Schuhfabrik, verfallen bist du dem Geschick,
      Du sollst die Lust verlieren, mit uns zu concurriren.

      Und ohne Zaudern lud er ein die sämmtlichen Collegen,
      Um ohne Aufschub im Verein mit ihnen Raths zu Pflegen.
      Sie sprachen lange hin und her, wie's wol am allerleicht'sten wär
      Die Concurrenzbeschwerden jetzt schleunigst los zu werden.

      Da sprach der Klügste: »Seid nicht dumm! erst muß es uns gelingen,
      Die Schuhfabrik beim Publicum in Mißcredit zu bringen.
      Nur wenn wir glücklich dies erreicht, dann kann es sein, daß wir vielleicht
      Sie aus dem Felde schlagen, wir müssen's eben wagen.

      Aus jeder Filiale soll man ein Paar Stiefel holen,
      Wir machen drüber 'n Protocoll, an das sie denken sollen!
      Dann drucken wir (begreift ihr's nicht?) 'nen Sachverständigen-Bericht
      In irgend eine Zeitung zur weitesten Verbreitung."

      Gesagt, gethan! Man kaufte ein und trennte mit der Scheere
      Jed' Stieflein auf und sah' hinein wie es beschaffen wäre?
      Sie suchten viel zu tadeln d'ran und schrieben in die Zeitung dann:
      „'s ist Alles schlecht und schofel — der veritable Pofel."

      Zwar ward zum Theil vom Publicum die Warnung wol gelesen,
      Doch wurde Keiner schwankend drum, es blieb wie es gewesen!
      Das werthe Publicum sieht ein, daß unsere Schuhfabrik allein,
      Wie auch der Gegner wüthet, doch stets das Beste bietet.

 

 

Bügeleisen

 

Im Beiblatt der Fliegenden Blätter 103. 1895 wirbt die Dresdner Firma Moritz Priebs für ihr "Gesundheitsplätteisen":

priebs1895
Lenore fuhr ums Morgenroth   
Hervor aus ihren Betten:     
Hurrah! jetzt kann ich ohne Noth 
Für Wilhelm Hemden plätten!   

Ich frag die Leute auf und ab,
Ich frug in allen Läden,
Bis man mir ein Plätteisen gab,
Frei von den frühern Schäden.

Das früh're Plättzeug hat mich genirt
Durch Hitze an Arm und Fingern;
Jetzt aber plätt ich isolirt!!
Fort mit den alten Dingern!

Und hurre, hurre, hopp, hopp, hopp,
Plätt ich an manchen Tagen
Seitdem in sausendem Galopp
Weit über hundert Kragen!

Wüßt ich nur blos, wo Wilhelm bleibt?
's ist doch ein säum'ger Wandrer!
Na! seit ich dies Plätteisen hab,
Nimmt mich auch gern ein Andrer!

 

 

Schuhcreme

 

„Gentners Wichse“ ist ein Beispiel für eine Werbung über einen langen Zeitraum, in dem lediglich die verwendete Illustration wechselt, der Text aber unverändert bleibt:

    Margarete stieg um's Morgenrot
    Vergnügt aus ihrem Bette:
    „Nun hat es weiter keine Not,
    Wenn ich sie nur schon hätte!"

    Sie hatte grad im Traum gesehn,
    Wie „Kentners Wichse“ schnell und schön

    Den Stiefeln Glanz verleihet,
    Das ist's, was Grete freuet.

    Gentners Wichse in roten Dosen
      ist überall zu haben.
         Fabrikant: Carl Gentner, Göppingen.

Es begann mit einer Anzeige von 1899, hier aus Der Landbote, Anzeiger für den Amtsbezirk Sinsheim und Umgebung vom 3.8.1899   
Der_Landbote_Anzeiger_fuer_ den_ Amtsbezirk_Sinsheim_und_Umgebung_03_08_1899

 

1902 folgte eine reduzierte Variante, hier aus der Dortmunder Zeitung vom 13.8.1902. 
Dortmunder_Zeitung_13_08_1902

 

Letztlich wurde 1908, hier in der Schwäbischen Tagwacht vom 14.3.1908 die schmuckloseste Variante gewählt:
Schwaebische_Tagwacht_14_03_1908

 

 

 

Tee

 

Besonders knapp war die Werbung für einen Tee in Die Zeit vom 29.11.1906:

 

“’Leonore fuhr ums Morgenrot empor aus schweren Träumen’— weil sie ihren Indra-Tea nicht getrunken.”

 

Unverändert wurde diese Werbung im folgenden Jahr erneut verwendet.

 

 

Gaststätte

 

Für eine Bar in St. Pauli wurde im Hamburger Fremdenblatt vom 27.2.1908 geworben:

 

    Lenore.

    Lenore fuhr ums Morgenrot
    Empor aus schweren Träumen:
    "Bist untreu, Wilhelm, oder tot?
    Wie lang willst Du noch säumen?" -
    Ich aber weiss es, wo er war:
    Bei Aug. Piefe in der Bar!
     St. Pauli.  Spielbudenplatz 25.

 

 

Seife

 

Seifenreklame in Le Petit Marseillais, 2 novembre 1909

    LE JOUR DES MORTS

    Les morts vont vite, hélas ! Mais leur souvenir reste.
    Le temps les sanctifie à l'ombre des cyprès
    Et nous sentons leur âme et leur cœur et leur geste
    En sentant le savon le Petit Marseillais

    AUZIERE Alné. Bureaux : 4, place du Change, Marsaille.
    Envente ch.t.l. Parfumeurs, Coiffeurs, Gds Magasins, Merciers


Der Tag der Toten

Die Toten reiten schnell, leider! Aber ihre Erinnerung bleibt.
Die Zeit heiligt sie im Schatten der Zypressen.
Und wir spüren ihre Seele und ihr Herz und ihre Geste.
Indem wir die Seife le Petit Marseillais riechen.

 

 

Gasherd

 

Eine unkonventionelle Werbung für Gasherde bringt der Hamburgische Correspondent vom 30.9.1925

heingasneu15cm

  Die Mutter fuhr ums Morgenrot
  Zu spät aus ihren Träumen -
  Die Kinder würden Frühstücksbrot
  Und Schulbeginn versäumen,
  Wenn sie dem Küchenherd nun noch
  Umständlich müßt entfachen.
  Sie aber sagt: "Auf Gas ich koch!"
  Ja, wer das tut, kann lachen.

 

 

Hühneraugenpflaster

 

Die weiteste Verbreitung, wenn auch nur innerhalb eines Jahres, hatte 1928 eine Werbung für Hühneraugenpflaster, z. B. in Württemberger Zeitung, Hallische Nachrichten, Münchner neueste Nachrichten oder Karlsruher Tagblatt.

Hier die Anzeige aus dem Nebelspalter Bd. 54 1928
nebelspalter192815cm

       Leonore fuhr ums Morgenrot
       in ihre Sonntagskleider.
       Die Hühneraugen waren weg,
       Drum sang sie auch ganz heiter:
       "Wo sind sie denn geblieben?
       "Lebewohl" hat sie vertrieben."

 

Widerspruch gegen diese weitverbreitete Werbung gab es in Seidels Reklame Heft 1 1828:

„Eine grobe Geschmacklosigkeit ist die Anzeige für „Lebewohl". Hühneraugenanzeigen sind ja vielfach nicht besonders ästhetisch und angenehm in der Aufmachung. Das liegt anscheinend in der Natur der Sache. Es soll auch zugegeben werden, daß eine witzige, geschmackvolle, ins Schwarze treffende Hühneraugen-Reklame ein schwer zu lösendes Problem ist. Immerhin könnte eine rein sachliche Darstellung, die klar und eindringlich die Wirkungen des betreffenden Mittels schildert, vielleicht auch Entstehungsursache und Behandlung der Hornhaut und des Hühnerauges beschreibt, niemals ein Fehler sein. Diese Art ist sogar sicher von bester Wirkung. Der mit dem Leiden Behaftete wird einer solchen Ankündigung besonderes Interesse entgegenbringen und, wenn der Text es versteht, sein Vertrauen zu erwecken, leicht zu einem Versuch geneigt sein. Mit Witzen ist diese Wirkung, die doch das Endziel der Werbung darstellt, schwerer zu erreichen. Sie bewirken vielleicht, daß man sich das betreffende Mittel bzw. seinen Namen merkt, aber von diesem Erfolg bis zum Kaufentschluß ist immer noch ein ziemlicher Weg, auf dem es viele Ecken und Nebenstraßen gibt.“

 

 

Was fehlt: das Auto

 

In der Zeit, als das Auto sich in der Öffentlichkeit durchsetzte, gibt es eine Reihe von Zeitungsbeiträgen, die das in Verbindung mit Lenore bringen, so der „Automobilistensang“ von 1903 oder der nicht punktfrei gebliebene Fahrer von 1912. Eine direkte Werbung gab es jedoch nicht. Allerdings liest man in Sport im Bild von 1924 am Ende des Beitrags „Autos für jedermann“:
 

„Lasset uns erst alle Autos haben, und alles wird besser vom Fleck kommen, als bisher. Wo Menschenkraft nicht ausreicht, muß man Pferdekräfte zu Hilfe nehmen. „Lenore fuhr ums Morgenrot empor aus schweren Träumen" - möge sie bald die einzige sein, die zu ihren Fahrten keinen Kraftwagen braucht.“

autolenore17cm